Unser ist das Meer – Kapitel 37

Blotgrimm zog entsetzt die Luft ein, doch ohne lange nachzudenken ergriff ich die ausgestreckte Hand des Hetmanns und schlug ein. Die Chance in Besitz eines solchen Schiff zu kommen war einfach zu verführerisch. Als ich Blotgrimm anblickte, dachte ich er würde ihn Ohnmacht fallen. Er verfluchte mich fast genauso wie der Hetmann. Ich wusste, dass das eine blöde Idee gewesen war und dass der Hetmann sich seines Sieges mehr als sicher war. Er wollte mich mit dem schlimmsten mir Vorstellbaren bestrafen, weil ich seine Tochter gebumst hatte, und ich war ihm fröhlich grinsend in die Falle gegangen.
Ich musste mir also was einfallen lassen. Der Hetmann war ein guter Steuermann und obwohl er mir die Mannschaft zur Verfügung stellte, die den Drakkar immer lenkte, kannte ich das Schiff jedoch gar nicht. Meine Chancen standen also mehr als schlecht. Blotgrimm und ich gingen also zurück in die Taverne und schmiedeten Pläne. Ich würde nicht als Landratte enden und nach einigen Krügen Ahl kam mir doch eine Idee. So warteten Blotgrimm und ich bin zum Einbruch der Dunkelheit und schritten dann zur Tat.

Am nächsten Morgen waren wir etwas verkatert und sehr müde, doch nicht mehr völlig hoffnungslos. Der Hetmann stand bereits am Steg, sich seines Sieges mehr als sicher. Er wiederholte die Bedingungen. Wenn mein Schiff vor seinem den Steg erreichte, würde es mir gehören. Wenn er den Steg zuerst erreichte, würde ich nie mehr das Meer befahren. Erneut schlugen wir ein und stiegen auf die Drakkar. Ein Herferder gab das Signal und wir ruderten los. Es war nicht einfach und ich habe in meinem Leben noch nie so geschwitzt wie an diesem Tage. Natürlich war der Felsen, den es zu umsegeln galt, von Untiefen umgeben, die auf dem Hinweg ein schwieriges Hindernis waren, auf dem Rückweg bei hoher Geschwindigkeit jedoch kaum zu meistern, vor allem wenn man ein unerfahrener Stümper war, so wie ich. Wir fuhren also langsam, sehr langsam, um nicht in eine Untiefe zu geraten und ich schwöre euch, ich konnte den Hetmann lachen hören. Diesmal war ich es, der ihn lauthals verfluchte, doch das machte mein Schiff auch nicht schneller. Ich schritt an den Kopf des Drachen und versuchte so gut es geht zu navigieren. Noch bevor wir den Felsen umrundet hatten, flog der zweite Drakkar an uns vorbei. Die Geste, die der Hetmann in meine Richtung machte, will ich hier nicht wiederholen. Gerade als wir wieder Richtung Steg fuhren, hörten wir ein ohrenbetäubendes Krachen. Der Drakkar des Hetmanns war auf Grund gefahren und das nicht zu knapp. Ein großes Loch klaffte im Rumpf und nur die Untiefe verhinderte, dass das Schiff voll Wasser lief. Als wir nun wiederum an dem Leck geschlagenen Drakkar vorbei fuhren, erwiderte ich die Geste des Hetmanns, was ich hier aber auch nicht wiederholen werde. Er fluchte und schimpfte und im Vorbeifahren sahen wir, dass sämtliche Ruderkisten umgestürzt und mit schweren Steinen gefüllt waren. Der Drakkar lag somit tiefer im Wasser und der Hetmann, der sein Schiff eigentlich wie seinen Handrücken kannte, hatte sein eigenes Schiff versenkt. Oder zumindest zerstört. Und so kamen wir als erstes am Steg an. Der Hetmann tobte, schrie etwas von Betrug und Schummelei, doch die meisten waren sich einig, dass die einzige festgelegte Bedingung war, dass ich als erstes am Steg ankommen musste, um den Drakkar zu gewinnen. Unter welchen Umständen war nie besprochen worden. Somit hatte ich den Wettkampf gewonnen und man durfte mir nicht, wie vom Hetmann gefordert, den Kopf oder etwas ganz anderes abschneiden. Und so kam ich nicht nur in den Besitz des schönsten Drakkars in ganz Thorwal, sondern versenkte auch den zweiten Drakkar dieses Hurensohns.

Die Jungspunde blickten Faenwulf voller Ehrfurcht an, während Karva ihm ein gutmütiges Lächeln schenkte. „Grandiose Geschichte“, lachte Blotgrimm und klatschte seine Hand lachend auf seinen Oberschenkel. „Die kannte ich auch noch nicht.“ Faenwulf verdrehte die Augen und lachte dann ebenfalls. Er holte vom Karren ein Flasche Waskirer und reichte sie herum. Vielleicht würde er wirklich irgendwann mal die wahre Geschichte erzählen, wie er und die Vegahögg zusammen gefunden hatten. Vielleicht.

Kapitel 36