„Blotgrimm und ich waren als Jungspunde ganz schöne Rumtreiber. Kein Lehrmeister und keine Frau konnte uns halten und so zogen wir von Stadt zu Stadt, um dort von einem Tag zum nächsten zu leben. Und das klappte besser als gedacht. Mal prügelten wir uns für Geld, mal misteten wir Ställe aus und mal trugen wir Kisten und Säcke von Schiffen in Lagerhäuser. Die Bezahlung war immer mies, doch wir brauchten nicht viel und meistens schliefen wir in Scheunen oder in den Betten der Frauen, die wir in den Tavernen kennenlernten.
Wir kamen schließlich in ein Dorf namens Vidsand, wo es den Gerüchten nach hervorragenden Waskirer gab. Wir suchten uns also etwas zu tun, hackten Holz, schleppten Kisten und striegelten Pferde und von dem verdienten Geld gönnten wir uns eine Menge Waskirer in der kleinen Taverne des Dorfes. Und sie hatten nicht zu viel versprochen. Der Waskirer war ausgezeichnet, der Mjöt vom Honig fast cremig und die Frauen schön. Eine hatte es mir besonders angetan. Sie hatte Haar wie Gold und unzählige Sommersprossen. Ich denke sie hatte kein zwanzig Winter gesehen, aber ich hatte auch nicht mehr auf dem Buckel. Ich spendierte ihr ein paar Ahl und auch den einen und anderen Waskirer und was soll ich sagen? Wir landeten im Heu und hatten eine Menge Spaß.
Womit ich nicht gerechnet hatte, war, dass ich vom Brüllen ihres wütenden Vaters geweckt wurde. Dröhnend kam er in die Scheune marschiert und verfluchte mich bis in die Tiefe und zurück. Seine Tochter würde sich nicht mit Rumtreibern abgeben, wofür es schon ein bisschen zu spät war würde ich sagen, und er drohte mich so zu verprügeln, dass mich meine eigene Mutter nicht mehr wieder erkennen würde. Ich war ziemlich eingeschüchtert, schnappte meine Hose und Stiefel und türmte durch ein Fenster, während der wütende Kerl noch die Leiter zum Heuschober hoch stieg.
Blotgrimm wäre vor lachen fast erstickt und ich nahm es auch mit Humor. Ich hatte schließlich nichts ab bekommen und die Nacht mit der schönen Tochter würde mir noch lange im Gedächtnis bleiben.
So schlenderten wir zum Strand, um den Fischern bei der Arbeit zuzusehen und dort sahen wir die schönsten Drakkar, die wir je gesehen hatten. Denn obwohl Vidsand ein kleines Dorf war, war die Ottajasko, die hier lebte, dank ihres ehrgeizigen Hetmanns, ziemlich reich. Und deswegen hatte diese Ottajasko nicht nur einen Drakkar, sondern zwei. Gerade als wir uns den beiden Drachenschiffen näherten, packte mich jemand bei der Schulter und schlug mir so hart ins Gesicht, dass ich Sterne sah. Blotgrimm, der schon damals von der Statur her eher einem Bullen, als einem Mann glich, konnte sich gerade noch zurück halten. Natürlich war es der Vater des Mädchens mit dem ich die Nacht verbracht hatte, und vielleicht hatte ich die Prügel auch ein bisschen verdient, doch nun sollte auch gut sein. Dachte ich zumindest. Ihr Vater war da anderer Meinung. Wie ich nun aber herausfand, war er der Hetmann der in Vidsand lebenden Ottajasko. Ich beglückwünschte ihn zu den schönen Schiffen und er blickte mich verächtlich an. Ob ich schon mal gesegelt war, fragte er, was ich bejahte. Der Hetmann verzog das Gesicht und musterte mich. Ob ich es genossen hatte, fragte er dann, worauf ich antwortete, dass die Sehnsucht nach dem Meer in jedem Thorwaler schlummerte. Wir waren geboren um aufs Meer zu fahren.
Der Hetmann nickte nur und blickte mich verschlagen an. Man sah ihm an, dass er mich am liebsten zu Brei geschlagen hätte und es wäre ihm sicher gelungen. Ich war jung und wesentlich schmächtiger als heute. Doch mich zu verprügeln reichte ihm anscheinend nicht.
Er deutete auf die beiden Schiffe. „Eins soll dir gehören“, knurrte er. „Wenn du mich in einem Wettsegeln besiegst. Siehst du den großen Felsen in der Ferne? Wir starten hier, umsegeln den Felsen einmal und kehren wieder in den Hafen zurück.“ Das klang leicht, dachte ich und betrachtete den Felsen, der aus dem Wasser ragte. „Was ist mein Einsatz?“, fragte ich ihn dann. Irgendwas stimmte hier nicht. Ich hatte nichts von Wert bei mir. „Das ist einfach“, grinste der Hetmann. „Wenn du verlierst, schwörst du, dass du nie wieder einen Fuß auf ein Schiff setzen wirst. Du wirst für immer an Land bleiben, bis du dein armseliges Leben aushauchst.“